Reaktiver Ball

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Strukturbild eines Balles mit Kern; 1: Oberfläche / Coverstock; 2: Füllung; 3: Kern; 4: Pin; 5: Fingerlöcher; 6: Daumenloch

Ein reaktiver Ball (oder auch kurz Reaktivball) ist ein Ball, der aufgrund seiner Konstruktion mit der Oberfläche der Lauffläche reagiert und dadurch - eine entsprechende Wurftechnik vorausgesetzt - eine Bewegung im Bogen ausführen kann (Hakenwurf).

Bestandteile

Reaktivbälle sind von ihrer Konstruktion weitaus komplexer als Polyesterbälle. Sie unterscheiden sich im wesentlichen in den folgenden drei Punkten:

  1. Kern,
  2. Füllung und
  3. Oberfläche.

Kern

Im Gegensatz zu Polyesterbällen, die gleichförmig mit einem Plastikmaterial gefüllt sind, besitzen Reaktivbälle einen Kern. Dieser ist je nach Hersteller und Ballart unterschiedlich geformt. Um die Wirkung des Hakenwurfes zu verstärken, ist der Kern in aller Regel nicht kugelförmig, sondern weist symmetrische oder asymmetrische Ausbuchtungen oder Einkerbungen auf. Je nach Form ist der Schwerpunkt des Balles an einer anderen Stelle zu finden, was sowohl Auswirkungen auf die optimale Position der Bohrungen als auch auf das Laufverhalten des Balles hat.

Reaktive Bälle, die keinen eigentlichen Kern, sondern nur Füllmaterial haben, werden oftmals als Pancakebälle bezeichnet.

Füllung

Da der Kern eine höhere Dichte aufweist, der Ball insgesamt aber ein bestimmtes Zielgewicht haben soll, wird je nach gewünschtem Ballgewicht unterschiedliche Füllmaterialien verwendet. Da allerdings der Kern seine Lage nicht verändern darf, ist auch die Füllung eine feste Masse.

Die Füllung spielt bei den Laufeigenschaften des Balles eine untergeordnete Rolle und dient deshalb im Wesentlichen nur der Anpassung an das gewünschte Zielgewicht.

Oberfläche

Hauptartikel: Balloberfläche

Reaktivbälle weisen eine angeraute Oberfläche auf. Diese dient dazu, um Seitenführungskräfte auf der Bahn (als Grip bezeichnet) aufbauen zu können. Erst dadurch wird überhaupt eine Kurvenbewegung möglich. Die Oberflächen von Reaktivbällen können durch Schleifmaterial nachträglich (weiter) aufgeraut werden.

Maßzahlen

Um die Eigenschaften von reaktiven Bällen miteinander besser vergleichen zu können, gibt es eine Reihe von Maßzahlen:

  • die RG-Zahl, Radius of Gyration
  • die Diff-Zahl, Differential of Radius of Gyration
  • die Intermediate Diff-Zahl, Intermediate Differential of Radius of Gyration, auch als Mass Bias bezeichnet

Radius of Gyration

Der Radius of Gyration (RG) - zu deutsch "Streumassenradius" - ist eine Maßzahl dafür, wie stark die Unwucht des Balles durch seinen Kern ist. Die USBC schreibt vor, daß Bowlingbälle nur dann gespielt werden dürfen, wenn diese Maßzahl zwischen 2,46 und 2,8 liegt. Bälle mit 2,46 sind "zentrums-lastig", das heißt die Unwucht ist klein und der Schwerpunkt liegt in der Nähe des Zentrums des Balles. Ein Ball mit 2,8 ist "cover-lastig", das heißt es liegt eine größere Unwucht vor, weil der Schwerpunkt näher an der Oberfläche des Balles liegt[1].

Bälle mit einer größeren Unwucht (nahe bei RG = 2,8) laufen in der Regel erst nach einer größeren Wegstrecke an, das heißt, es dauert länger, bis sie den Bogen beginnen. Aus diesem Grund sind sie besser für trockene Bahnen geeignet, da sie länger durch das Öl laufen können. Wird ein Ball mit großer Unwucht auf einer öligen Bahn verwendet, so entsteht das Problem, daß der Ball durchrutscht und seinen Breakpoint häufig verpaßt, das heißt der Bogen ist nicht genügend ausgeprägt.

Bälle mit einer geringen Unwucht (nahe bei RG = 2,46) laufen in der Regel früher an, das heißt, die Wegstrecke, bis sie anfangen den Bogen zu laufen, ist kürzer. Aus diesem Grund sind sie besser für öligee Bahnen geeignet, da der Ball früher anlaufen muss, um genügend Wegstrecke bis zum Breakpoint zu haben. Wird ein Ball mit geringer Unwucht auf einer trockenen Bahn verwendet, ist der Bogen sehr ausgeprägt und der Ball kann überlaufen.

Einige Ballhersteller verwenden für den Radius of Gyration auch eine Skala zwischen 1 und 10. Der Wert 1 entspricht dann dem Nominalwert von 2,46, während der Wert 10 für 2,8 steht.

Der Vorgang der Bestimmung des Radius of Gyration ist über die Herstellern hinweg nicht normiert. Dementsprechend kann es problematisch sein, zwei Bälle zweier unterschiedlicher Hersteller über die Angabe des Wertes vergleichen zu wollen. Bälle innerhalb eines Herstellers werden aber in der Regel der gleichen Messmethodik unterzogen, so daß Vergleichbarkeit gegeben ist.

RG-Wert (nominal) RG-Wert (10er Skala) Unwucht Bezeichnung geeignet für Bahntyp
2,46 1 groß "zentrums-lastig" trockene / kurze Ölbilder
2,8 10 klein "cover-lastig" ölige / lange Ölbilder

Differential of Radius of Gyration

Der Wert Differential of Radius of Gyration, oder auch oftmals nur Diff. abgekürzt, eines Balles ist eine Maßzahl dafür, wieviel Spielraum ein Ball bezüglich seiner Bestimmung des Zeitpunkt seines Breakpoints aufgrund Änderungen an der Bohrung zuläßt. Technisch ist dieser Wert die Differenz zwischen dem maximalen Radius of Gyration (auch als RG Max. bezeichnet) und dem minimalen Radius of Gyration (auch als RG Min. bezeichnet).

Aus Sicht einer Person, die die Fingerlöcher des Balles bohrt, ist dieser Wert als ein Maß für die Vielseitigkeit des Balles zu verstehen. Desto höher der Differential of Radius of Gyration eines Balles ist, desto mehr Einfluß hat die Stelle, an der die Bohrung angesetzt wird, auf das spätere Laufverhalten des Balles. Bälle mit einem niedrigen Differential of Radius of Gyration vollführen (bei gleicher Position der Bohrung) demnach eine weniger starke Bewegung nach innen (man sagt auch "der Ball läuft schwächer an") an, als Bälle mit einem hohen Wert (vulgo: "der Ball läuft stärker an").

Bälle mit einem niedrigen Diff-Wert werden auch als "stabiler" betrachtet, das heißt ihr Verhalten bei öl-fleckigen Bahnverhältnissen im Backend ist leichter zu kontrollieren, da sie weniger stark auf Bahnverhältnisse reagieren. Umgekehrt gelten Bälle mit einem hohen Diff-Wert als "instabiler" und sind damit schwerer zu kontrollieren[2].

Bälle mit niedrigen Diff-Wert liegen zwischen 0,01 und 0,03. Mittlere Werte sind zumeist zwischen 0,03 und 0,04. Alles darüber entsprechend hohen Differential of Radius of Gyration-Werten. Gemäß USBC gilt eine Obergrenze für den Diff-Wert von 0,06[3].

Differential of Radius of Gyration Kategorie typisches Einsatzgebiet Vorteil Nachteil
0,01 - 0,03 niedrig Bahnen mit viel Öl im Backend hohe Stabilität
  • spitzer Einlaufwinkel in die Tasche
  • wenig Potenzial für eine Verzögerung des Breakpoints vorhanden
0,03 - 0,04 mittel Bahnen mit wenig Öl im Backend
0,04 - 0,06 hoch Bahnen mit wenig Öl im Backend / frische Bahnen
  • flacher Einlaufwinkel in die Tasche
  • viel Potenzial für eine Verzögerung des Breakpoints vorhanden
geringe Stabilität

Intermediate Differential of Radius of Gyration

Der Intermediate Differential of Radius of Gyration ist eine weitere Maßzahl zur Beschreibung der Laufeigenschaften eines Bowlingballes.

To Do
wo wird der benutzt?

Der Intermediate Differential of Radius of Gyration wird häufig mit RG int abgekürzt und kommt hauptsächlich bei sehr hochwertigen Bällen zum Einsatz. Einige Hersteller verwenden für diese Maßzahl auch den Begriff des Mass Bias[4].

Ballübersicht

Für eine Übersicht bekannter Maßzahlen von reaktiven Bällen sei auf den Artikel Ballübersicht verwiesen.

Auswirkungen der Maßzahlen auf den Preis

Bälle werden in der Regel teurer,

  • je niedriger der Radius of Gyration (höhere Fähigkeit für einen Hakenwurf - auch auf öligen Bahnverhältnissen) und
  • je höher der Differential of Radius of Gyration (mehr Vielseitigkeit, den Ballverlauf zu bestimmen)

ist.

Dead Ball Syndrom

Reaktivbälle können - trotz korrekter Pflege, passender Spielweise und entsprechender Ölung - mit der Zeit die Fähigkeit einbüßen, eine Hakenbewegung auszuführen. Diese Tatsache ist unter dem Begriff "Dead Ball Syndrom" (zu deutsch: "Syndrom eines toten Balles") bekannt.

Das Dead Ball Syndrom ist Thema einer sehr kontrovers geführten Diskussion. Während einige Vertreter die Existenz eines solchen Effektes grundsätzlich wissenschaftlich verneinen, behaupten andere bereits die Ursachen dafür zu kennen. Letztere bieten dafür auch Lösungsvorschläge in Form diverser Produkten an, deren Wirksamkeit nicht minder kontrovers diskutiert werden.

Quellen